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Binance-Chef CZ: Zwischen Krypto-Legende und Staatsfeind


Kryptobörse Binance-Chef CZ: Zwischen Staatsfeind und Kryptolegende

Binance-Chef Changpeng Zhao wehrt sich gegen alle Vorwürfe

Binance-Chef Changpeng Zhao wehrt sich gegen alle Vorwürfe

© Roman Pawlowski

Binance ist die größte Kryptobörse der Welt. Doch die Firma dahinter ist ein undurchsichtiges Geflecht, ihr Gründer Changpeng Zhao schwer zu fassen. Die USA haben nun die Jagd auf ihn eröffnet

Als Changpeng Zhao an diesem ersten lauen Frühsommerabend des vergangenen Jahres das Deck des Ausflugsboots im Hamburger Hafen betrat, wurde es kurz still an Bord. Köpfe reckten sich, leises Getuschel – er war es wirklich! Die versammelte neue Finanzelite des alten Kontinents war beeindruckt.

CZ, wie er sich selbst und wie ihn auch die Techwelt nennt, stellte sich zu einer Gruppe von Gründern. „Hi, ich bin CZ“, sagte er und streckte seine Hand zur Begrüßung aus, so, als müsse er sich noch vorstellen. „Ich weiß“, erwiderte ein bekannter deutscher Gründer perplex, dem sonst nie die Worte fehlen.

Der zierliche Mann, der sich an jenem Abend seinen Weg durch die Menge bahnte, immer dicht gefolgt von seinen beiden Bodyguards, ist eine der mächtigsten Figuren der Kryptowelt. In wenigen Jahren hat er sein Unternehmen Binance zum weltweit wichtigsten Marktplatz für Kryptowährungen aufgebaut, heute läuft mehr als die Hälfte des globalen Handels darüber. 120 Millionen Menschen haben sich registriert, um dort Bitcoin, Ether oder andere Kryptowährungen zu kaufen und zu verkaufen. Für seine ersten Bitcoin hatte Zhao einige Jahre zuvor noch sein Haus verkaufen müssen. Dann gründete er Binance, und atemberaubend kurze Zeit später betrug sein geschätztes Vermögen fast 100 Mrd. Dollar – so viel wie das von Facebookgründer Mark Zuckerberg heute.

Doch damit ist es schon wieder vorbei: Mit dem Kurssturz bei Kryptowährungen ist auch CZs Vermögen deutlich geschrumpft, zeitweise lag es bei nur noch 10 Mrd. Dollar. Und der Gründer selbst ist zwar nicht der Staatsfeind Nr. 1 für die USA, aber er steht nun im Fokus amerikanischer Behörden wie wenige andere Personen. Jahrelang sahen die Amerikaner dem Treiben an den Kryptobörsen mehr oder weniger sprach- und tatenlos zu – spätestens mit der Pleite der US-Kryptobörse FTX im vergangenen Herbst aber schalteten die Amerikaner um. 

Anfang Juni reichte die US-Finanzmarktaufsicht SEC eine offizielle Klage gegen Binance und Zhao ein. Die Vorwürfe sind ernst, es geht um Täuschung von Investoren, Interessenkonflikte, Vertuschung und die absichtliche Umgehung von US-Gesetzen. Konkret soll Binance US-Kunden Produkte und Dienstleistungen angeboten haben, die für die USA gar nicht zugelassen waren. Zudem soll Zhao persönlich Zugriff auf Kundengelder gehabt und Geld abgezweigt haben. Binance bestreitet das und hat angekündigt, sich mit allen Mitteln zu wehren.

Die große Transparenz

So gesehen kam seinem Abstecher nach Hamburg vor einem Jahr eine immense Bedeutung zu – und er war bis ins kleinste Detail geplant. Zhao hatte einen kurzen Auftritt am nächsten Morgen auf der Finance-Forward-Konferenz vor einer euphorischen Menge, danach ging es gleich weiter. Der Gründer war auf Europa-Tour, traf Politiker, sprach auf Konferenzen. Er wollte dem sagenhaften Aufstieg seiner Börse ein Gesicht geben. Nämlich das eines Mannes, der eher freundlicher Nerd als Drahtzieher ist – und der das Firmenlogo auf seinen Arm tätowiert hat. Bedenken, Sorgen, kritische Nachfragen lächelte er einfach weg. Der Kryptocrash? Das mache ihm wenig Sorgen, sagte er vor einem Jahr, auch zu Capital. Und sein eigenes Vermögen, das gerade schon implodiert war? Ein paar Milliarden mehr oder weniger seien ihm „nicht wichtig“.

Es war auch: der Höhepunkt einer Offensive, Binance aus dem Dunkeln zu holen. Denn die Kryptobörse umgab seit ihrer Gründung etwas Unseriöses. Überall in Europa bemühte sich das Unternehmen in jenen Wochen bei den Finanzbehörden um eine eigene Zulassung. CZ spielte mit dem Gedanken, das europäische Headquarter nach Frankreich zu verlegen. Die Message lautete: Schaut uns an, wir haben nichts zu verbergen.

SEC-Chef Gary Gensler knöpft sich Binance und die Kryptobranche vor

SEC-Chef Gary Gensler knöpft sich Binance und die Kryptobranche vor

© Natalie Naccache/Bloomberg via Getty Images

Rund ein Jahr später ist klar: Der Plan ist nicht aufgegangen. SEC-Chef Gary Gensler hat Binance und der gesamten Kryptobranche gleichsam den Krieg erklärt. Und wenn der Marktführer fällt, könnte er die ganze Branche mit nach unten ziehen. Auch in Europa hat sich die Stimmung gedreht: Die Aufsichtsbehörden üben massiven Druck auf Binance aus. Einige Länder musste das Kryptounternehmen bereits kleinlaut verlassen. Auch in Deutschland verhinderte die Finanzaufsicht Bafin die großen Expansionspläne. 

Einblick in eine Blackbox

Eine Frage rückt dabei in den Fokus: Was ist das eigentlich für eine Finanzfirma, die keinen festen Sitz hat, aus einem undurchsichtigen Firmengeflecht besteht und innerhalb von wenigen Jahren entstanden ist? Fragt man bei aktuellen Mitarbeitern nach, verweisen sie extrem vorsichtig an die Pressestelle. Man habe die Leute davor gewarnt, mit Journalisten zu sprechen, heißt es. Das Unternehmen ist nervös, denn die kommenden Monate entscheiden darüber, wie es für die größte Kryptobörse der Welt weitergeht. 

Capital hat dennoch mit rund einem halben Dutzend Insidern sprechen können: ehemaligen Mitarbeitern, früheren Führungskräften und Anwälten. So lässt sich das Bild eines Unternehmens zeichnen, das um jeden Preis wachsen will – und dabei an gesetzliche Grenzen stößt. 

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Author: Kathy Green

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